Island 2009 – 6.August

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Eine wirklich angenehme Art, einen Berg zu besteigen. Leider ist es im Leben meist umgekehrt – der Wind kommt von vorn. In diesem speziellen Falle aber (wir befinden uns auf dem Anstieg zum Kraterloch des längst erloschenen Saxòl Vulkans) bläst uns der Wind sowas von in den Rücken, daß wir die ca 600 Meter nahezu hinaufgedrückt werden. Herrlich!

Ansonsten ist dieser Tag wettertechnisch etwas trüb. Über dem Meer braut sich viel Regen zusammen, der langsam aber beständig aufs Festland zieht. Wir machen eine Rundfahrt mit dem Jeep über die äußere Spitze von Snaefellsnes. Vorbei an der schroffen Küste von Hellnar, mit einem Abstecher nach Djúpalónssandur, wo 1948 ein englischer Trawler gestrandet ist.

Hier liegen auch die vier berühmten Steine, welche die Fischer im damals noch existierenden Ort Dritvik anheben mußten, um ihre Kräfte unter Beweis zu stellen. Der schwerste Brocken wiegt ganze 154 kg. Wer ihn hochreißen konnte, galt als „Fullsterkur“ ( der „ganz Starke“). Der nächste Stein war mit 100 kg immerhin noch von einem „Halfsterkur“ (der „Halbstarke“) stemmbar, während „Hálfdraettingur“ lediglich „brauchbare“ Männer auszeichnete. Wer nur „Amlódi“ (der „Schwächling“) mit schlappen 23 kg über Hüfthöhe heben konnte, der brauchte im harten Fischereigeschäft gar nicht erst Wurzeln schlagen.

Weiter geht es nach Ólavsvik, was ein eher unspektakulärer Ort ist, danach zurück nach Hellisandur – Rif, immer den großartigern Snaefellsjökull im Blick, der bereits bei Jules Vernes den Einstieg zum „Mittelpunkt der Erde“ geboten hat. Wir essen Kuchen und Fischsuppe im liebevoll geführten „Gamla Rif“, sehen dort einen „Fullsterkur“ zur Tür herein kommen, schwatzen ein wenig mit der Inhaberin des Cafés, und fahren schließlich über eine wilde Jeeppiste zum Leuchtturm nach Öndverdarnes, wo wir an den Klippen ein paar Papageientaucher ausmachen können.

Nach einer zweistündigen Wanderung über Lavafelder entdecke ich auf dem Rückweg eine Stelle am Meer, nach der ich schon lange gesucht habe. Die Brandung hat zum Abend hin nachgelassen und ich sehe durch die Klippen einen Abstieg bis zum Wasser hinunter. Dort ergießt sich obendrein ein schlammiger Gebirgsfluss in die offene See und bildet im Meer eine deutlich auszumachende Grenze zwischen trüben und klarem Wasser.

„Wenn ich angeln würde, dann genau hier!“ sage ich zu Sonja. „Na dann mach doch, ich schlafe derweile ein halbes Stündchen.“ Sie legt sich ins Auto und ich schnappe mir meine Meerforellenrute und ein paar Küstenwobbler. Die Stelle ist wirklich phantastisch, obwohl der Atlantik um einiges gewaltiger ist als die vertraute Ostseeküste vor Rügen. Ich bekomme angesichts der immer noch recht hohen Brandung weiche Knie. Gischt schlägt mir ins Gesicht, während ich den Köder weit hinaus ins Meer befördere.

Nach einigen Würfen zappelt tatsächlich der erste, kleine Seelachs am Haken. Na das klappt ja wie das Brezelbacken! Nächster Wurf, absinken lassen und Rummmms. Der zweite Seelachs legt sich mächtig ins Zeug. Habe das Gefühl, mit der relativ leichten Rute einen Meterhecht zu drillen. Was für eine Kampfkraft. Nach ein paar Minuten kommt ein recht ansehnlicher Seelachs von vielleicht 3 Kilo zum Vorschein.

Ich hole Sonja aus dem Auto. „Das mußt du dir ansehen!“. Fange noch einen weiteren kleinen Seelachs – die ja in wirklichkeit Köhler heißen und mit Lachsen überhaupt nichts gemeinsam haben, gehören sie doch zur Familie der dorschartigen Fische.

Dann kommt es, wie es kommen muß. Mein letzter Wurf beschert mir einen gewaltigen Biß. Der Fisch schüttelt behäbig irgendwo in der aufgeschäumten See den Kopf. Ich kann das Tier nicht stoppen. Mit dem relativ leichten Meerforellengerät und der dünnen Schnur, bin ich für das Meeresangeln in Island leider nicht gewappnet. Niemals hätte ich gedacht, so riesige Fische auch direkt von der Küste aus an den Haken zu bekommen. Der unbekannte Gegner zieht mir fast die komplette Schnur von der Rolle. Mit der Sturheit einer Dampflok zieht er ins Meer hinaus. Ich werde nervös, bin ratlos und versuche mich mit viel zu viel Kraft dagegen zu stemmen. Dabei schlitzt natürlich der Haken aus. Ich bin völlig baff. Sowas habe ich noch nie erlebt.

Erschöpft und belebt zugleich gehts dann zurück zur Unterkunft. Sonja schläft schon und ich lade noch schnell die schönsten Fotos des heutigen Tages hoch. Der größte Seelachs meines Lebens fehlt zwar auf den Bildern, aber das ist nicht weiter schlimm. Morgen gehts auf die Westfjorde. Und die sind unter Anglern legendär!

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Geschrieben von admin am 7. August 2009 | Abgelegt unter Aktuelles | Keine Kommentare

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